Liebe AnnenviertlerInnen!
Liebe FreundInnen des “Großen, Großen Annenstraß´n-Flohmarkts”!
Der große Flohmarkt in der Annenstraße kann heuer leider nicht wie angekündigt am 29. April stattfinden. Nach langem Überlegen haben wir uns schweren Herzens zu einer Absage entschieden und werden – unter den derzeitigen Bedingungen und bis auf Weiteres – auch keinen weiteren Flohmarkt in der Annenstraße organisieren.
Kurz zu den Gründen: Der Flohmarkt findet seit 2011 zwei Mal jährlich statt, seit 2014 organisiert ihn der Verein Stadtteilprojekt Annenviertel als nachbarschaftliches Großereignis im Kleinen, es wäre dieser Markt der insgesamt elfte gewesen. Die Flohmärkte waren mit bis zu 10.000 BesucherInnen ausgezeichnet besucht, waren damit die saisonalen Glanzlichter in der sonst von urbanen und kulturellen Bespielungen nicht gerade verwöhnten Annenstraße und liefen im Großen und Ganzen tadellos ab – auch wenn es, zugegeben, manchmal aufgrund des Andrangs nicht ganz einfach war, einen Verkaufsplatz zu finden.
Die Organisation dieser Veranstaltung war hingegen immer schon eine Gratwanderung. Die geltenden Gesetze (von der Straßenverkehrsordnung über die feuerpolizeilichen Bestimmungen bis zum Veranstaltungsgesetz) und vor allem die Auslegungspraxis einzelner Behörden machen eine niederschwellige Nutzung des öffentlichen Raums durch kleinere, insbes. Nachbarschaftsinitiativen so gut wie unmöglich. Megaeventveranstalter können sich die Jahr für Jahr verschärften Auflagen und Einschränkungen vielleicht leisten, wir nicht. Ein Nachbarschaftsflohmarkt ist halt kein “Aufsteirern”.
Nur ein Beispiel: Das Straßenamt hat uns heuer mitgeteilt, dass der Flohmarkt ein “Sicherheitsproblem” darstelle, es Beschwerden von AnrainerInnen gegeben habe und die Holding Graz Linien (“GVB”) ein “Mordsproblem” mit dem Flohmarkt hätten. Für die “Linien” sei es daher “nicht mehr tragbar”, dass die Straßenbahnen an diesem Tag verkehren, der Verein müsse also die Kosten für einen Schienenersatzverkehr tragen. Das kostet pro Markt 11.000 Euro aufwärts.
Nach Rücksprache teilten die “Linien” hingegen mit, dass eine Sperre der Annenstraße “nicht notwendig” sei. Das Straßenamt konnte auch auf wiederholte Nachfrage kein einziges konkretes Beispiel für die “Beschwerden der Bevölkerung” nennen.
Am Ende hat uns das Straßenamt die Auflage erteilt, zusätzlich zu den ohnehin von uns immer schon gestellten zehn Ordnern und Securitys “mind. 15 Straßenaufsichtsorgane zur Freihaltung der Straßenbahnfahrbereiche” einzusetzen. Nachdem wir einen Flohmarkt veranstalten wollen und kein Verkehrssicherheits-Roadshow, sagen wir dazu “nein”.
Wir halten es für wichtig aufzuzeigen, dass die zunehmend restriktive, prohibititve und intransparente Auslegungspraxis der Gesetze durch einige Behörden, die im Prinzip eine gemeinschaftliche Nutzung des Stadtraums ermöglichen sollen, tendenziell dazu führt, dass künftig nur noch kommerzielle Großveranstalter die zeitlichen und finanziellen Ressourcen aufbringen werden können, den öffentlichen Raum zu nutzen. Wir wollen uns nicht vorstellen, dass das auch politisch so gewollt ist.
Den Flohmarkt halten wir nach wie vor für eine wunderbare Einrichtung, die nachbarschaftliches Zusammenleben, ehrenamtliches Engagement und nachhaltige Ressourcennutzung im Annenviertel befördern kann. Wir wünschen uns ein klares Bekenntnis der Stadt zu dieser und ähnlichen Initiativen sowie ein konstruktives Zusammenwirken aller zuständigen Stellen und Ämter, um gemeinsam und Schritt für Schritt an einer Stadt für alle arbeiten zu können. Zugleich bedanken wir uns bei einzelnen engagierten BehördenvertreterInnen für die langjährige Unterstützung unserer Bemühungen.
Der Verein Stadtteilprojekt ANNENViERTEL
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