feldstellen*
PRÄSENZ DER VIELEN
10. Dezember 2017, Treffpunkt 7:00 Uhr, Sonnenaufgang 7:33 Uhr
Platz der Menschenrechte, Stadtparkbrunnen, Graz
In einer Gegenwart, die aus den Fugen gerät, in der Menschen sich ausgrenzend auf nationale Identität beziehen, gibt es den Wunsch nach einem lebendigen Miteinander. Am Tag der Menschenrechte, dem 10.12.2017, versammeln sich zum Sonnenaufgang bis zu 1248 Menschen am Platz der Menschenrechte im Grazer Stadtpark. In einem Abstand von jeweils 1,8 Metern zueinander füllt sich somit die gesamte Fläche vom Brunnen über die Wiese durch das Forum Stadtpark mit Menschen. Die Körper, einer neben dem anderen, ergeben ein Monument, eine temporäre Skulptur, ein Netzwerk. Die Anwesenheit zeigt Entschlossenheit: stehen, standhaft für Menschlichkeit. Im gemeinsamen Moment bildet sich eine Vielheit. Ein Statement. Ein Feld der Empathie.
Dazu laden wir herzlich ein!
Nach dem Sonnenaufgang gibt es Frühstück für alle
Zum Hintergrund
Als beliebten und vielfältig genutzten öffentlichen Raum werden an den Grazer Stadtpark unterschiedliche Ansprüche herangetragen. Seit jeher ist das, was hier möglich, erlaubt oder verboten ist – und das, was trotzdem passiert – ein heiß umkämpftes Politikum. Nicht zufällig liegt der Platz der Menschenrechte in der Mitte dieses Parks. Seit 1973 erstreckt er sich rund um den Stadtparkbrunnen bis hin zum Pavillon.
In diesem Umraum finden seit einigen Monaten als Vorbereitung zur Aktion feldstellen* sogenannte „Schwellengespräche“ statt, in denen Fragen der Öffentlichkeit im öffentlichen Raum diskutiert werden. Teilgenommen haben Künstler*innen, Menschen, die im Stadtpark wohnen, der Finanz- und Kulturstadtrat, ein Sozialarbeiter, eine Richterin, Wissenschafter*innen, eine Flüchtlingshelferin, ein Polizeibeamter und zahlreiche Passant*innen. Immer wieder geht es dabei um Fragen des friedlichen Zusammenlebens: wie können Menschen ihren Bedürfnissen nachgehen, ohne dass andere benachteiligt werden? Wie geht man mit ungleichen Machtverhältnissen um? Wie mit existenzieller Not? Was bedeuten die Menschenrechte in einer zusehends verunsicherten Gesellschaft?
Zum Projekt
In einer individualisierten und durch beständigen Wettbewerb gekennzeichneten Welt ist es notwendig, neue Bezugspunkte, Schnittmengen und Vielheiten zu erdenken und aufzubauen. Diese Frage nach dem „Wir“ einer gemeinsamen, lebendigen Öffentlichkeit ist wichtiger denn je, erheben doch jene gesellschaftlichen Kräfte Anspruch auf seine Definition, die dieses Wir als exklusiv und wenig veränderlich verstehen. Dabei ist die Frage der Gemeinsamkeit in einer durch soziale Fragmentierung, größer werdende Vermögensunterschiede und Migration geprägten Wirklichkeit nicht einfach zu beantworten.
Das Projekt „feldstellen* PRÄSENZ DER VIELEN“ ist der Versuch, eine solche Vielheit für einen Moment sichtbar zu machen: eine Versammlung unter dem Credo der Menschlichkeit. Der künstlerisch-gestalterische Eingriff liegt in der Form der Aufstellung. Angezeichnet am Boden durch eine Vielzahl an unterschiedlichen Leuchtkörpern entsteht in der Dunkelheit ein Feld aus Licht. Durch die Anordnung in Form eines Dreiecks-Rasters im Abstand von 1,8 Metern hat jeder Mensch im Feld genug Platz für sich selbst. Zugleich befinden sich jeweils sechs Menschen in Reichweite, um – wenn gewünscht – eine Verbindung herzustellen. Zusammen ergibt dies eine Art „soziale Plastik“ im wörtlichen Sinn, der die Form der Wabe zu Grunde liegt. Die frühe Uhrzeit und die zu erwartende Kälte machen das Statement des gemeinsamen Stehens zu einer entschlossenen Geste: sich einmal überwinden, im Namen der Menschenrechte.
Die Performance läuft sehr minimalistisch ab. Nach einer Begrüßung durch eingeweihte „Pat*innen“ finden alle ihren Platz. Danach geht es um nicht mehr und nicht weniger als das gemeinsame Erleben eines zwar alltäglichen aber auch sehr hoffnungsvollen Moments: des Sonnenaufgangs. Verteilt gibt es Klangquellen, die zum genauen Zeitpunkt des Aufgangs um 7:33 ein Klangfeld erzeugen und die Sonne somit auch bei Nebel wahrnehmbar machen. Danach wird es still.
Im Anschluss an diese Mischung aus künstlerischem Happening, politischer Manifestation und öffentlichem Ritual laden wir zum Frühstück und die Versammlung löst sich in Geselligkeit auf.
Teilnehmende Künstler*innen:
Nayari Castillo, Franziska Hederer, Robin Klengel, Margarethe Maierhofer-Lischka, Heidrun Primas, Helene Thümmel, Clara Wildberger und Nikolaos Zachariadis.
FORUM STADTPARK in Kooperation mit dem Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark
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